Donnerstag, abends. Weit nach 23 Uhr. Wir, die Studierenden des 5. Semesters der Immobilienwirtschaft und ich, haben bis gerade gearbeitet. Um 20 Uhr haben wir uns noch einmal an der Hochschule verabredet. Es geht um das Studienprojekt „Erkrath“. In mehreren Tagen arbeiten die Studierenden ein reales Projekt in Phasen und mit Rollenverteilungen „nach“. Es geht um eine kleine Wohnungsbauträgermaßnahme in der kleinen, vor den Toren Düsseldorfs gelegenen Stadt Erkrath. Das Projekt haben wir am Mittwochmorgen begonnen. Die 25 Studierenden sind sehr engagiert und konzentriert dabei. Um 23 Uhr war die Frage weitermachen und morgen etwas später anfangen oder lieber morgen früh wieder fit an die Arbeit. Die Aussicht auf ein gemeinsames Bier nach arbeitsreichem Tag ist dann doch verlockender. Jetzt sitzen/stehen wir alle um die Theke der Holzmindener „Piano Bar“.

Ich stehe mit einem Studenten zusammen. Wir sprechen über die beiden letzten Tage und ob es Spaß gemacht habe. Dann fragt er mich, ob er mich schon auf die Bachelorarbeit im kommenden Semester ansprechen könne. – Klar. Er habe sein Praktikum bei einem sehr renommierten, international tätigen Maklerunternehmen in Düsseldorf absolviert. Sein damaliger Chef sei bereit, seine Bachelorarbeit zu begleiten. Das Thema stehe noch nicht fest. Es gäbe verschiedene Optionen. Ich bestätige nochmals meine Bereitschaft als Erstprüfer zur Verfügung zu stehen. Er solle mich zu gegebener Zeit einfach wieder ansprechen.

 

Wir sprechen weiter. Wir kommen auch auf die Kolumne „Der streitbare Professor“ im Immobilienmanager. Er lese die Kolumne regelmäßig. Manchmal würde er sich fragen, wie ich mich trauen könne, so offen meine Meinung zu schreiben. Einige Male habe er sich herausgefordert gefühlt, selbst zum Stift zu greifen und zu antworten, habe sich dann aber doch nicht getraut.

 

Wir sprechen konkret über einige Artikel. Dann – wohl auch dem Bierkonsum geschuldet- ein außergewöhnliches Bekenntnis: Das Maklerhaus bei dem sein Praktikum absolviert habe und das bereit sei ihn bei seiner Bachelorarbeit zu begleiten, sei ein sehr konservatives Unternehmen. Deshalb habe er wegen meiner Beiträge im Immobilienmanager sehr lange überlegt, ob es wirklich so klug sei, mich in dem Traditionshaus als Erstprüfer seiner Bachelorarbeit überhaupt vorzuschlagen. Wer weiß wie das ankommen würde? Das habe ihn in den letzten Tagen heftig beschäftigt und umgetrieben.

 

Er hat mich gefragt.

 

Und weil er jenseits von möglichen negativen Folgen seiner inneren Stimme und seinen Überzeugungen gefolgt ist, ist dieser Student mein ganz persönlicher Student des Jahres 2008.

 

Professor Dr.-Ing. Jürgen Erbach